Herzogenauracher Kindertagesstätten suchen händeringend nach pädagogischem Personal

Die Lage ist sehr angespannt – es gibt immer mehr Kinder in Herzogenaurach, die Wartelisten bei den evangelischen KiTas und der katholischen KiTa-Verwaltung quillen über – Kinderbetreuungsplätze im baulichen Sinn stehen ausreichend zur Verfügung – durch den akuten Personalmangel können viele Plätze nicht vergeben werden – dies reicht hin bis zum Leerstand von Gruppenräumen in den KiTas.

Laut der Studie „Zukunftsszenarien-Fachkräfte in der Frühen Bildung gewinnen und binden“ werden in Deutschland bis 2025 aufgrund demografischer Entwicklung, steigender Betreuungsbedarfe und besserer Betreuungsschlüssel rd. 191.000 Erzieherinnen und Erzieher fehlen. Für Herzogenaurach bedeutet das einen Bedarf von rd. 50 Personen sowohl in katholischen als auch in evangelischen KiTas. Kurzfristig haben die katholischen KiTas Bedarf an 15 Kinderpfleger*innen und Erzieher*innen, die evangelischen KiTas 20.

Erster Bürgermeister Dr. German Hacker lud daher zu einem fachlichen Austausch in die neue KiTa „Johann Comenius“. Eingeladen waren Dr. Nina-Dorothee Mützlitz und Gordana Lazic als Trägervertretung der evangelischen KiTas sowie Pfarrer Helmut Hetzel und Gaby Klaus auf katholischer Seite. Die KiTa „Johann Comenius“ steht sinnbildlich für den Personalmangel – sieben Gruppenräume, von denen mehrere wegen Personalmangel nicht genutzt werden können.

Als Hauptproblem sehen die beiden Trägervertretungen u.a. die relativ lange Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin (m/w/d) und gleichzeitig die relativ geringe Vergütung während der – mittlerweile auf vier Jahre verkürzten – Ausbildungszeit. Durch innovative Ausbildungsmodelle wie „OptiPrax“ steuert die Politik diesem Problem ein Stück weit entgegen, allerdings steigert dies die Ausbildungszahlen nicht im benötigten Maße. Ein Grund hierfür sind auch die fehlenden räumlichen und personellen Kapazitäten an den Fachschulen für Sozialpädagogik. Ein weiteres Problem sind die bundesweit unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen, Fortbildungsmöglichkeiten und Qualitätsstandards in der Erzieherausbildung.

Die starre Tarifbindung, das vergleichsweise geringe Gehalt insbesondere als Kinderpfleger*in, die begrenzten Karrierechancen und die hohe Belastung sind die wichtigsten Gründe für die geringe Attraktivität des Berufes. Die frühkindliche Bildung legt den Grundstein für die weitere Bildungsbiografie der Kinder – diese wichtige Arbeit müsste sich auch in der Bezahlung des pädagogischen Personals niederschlagen. Da diese sowohl bei den katholischen Kirchenstiftungen als bei der evangelischen Landeskirche tarifgebunden ist, bleibt den beiden Trägern in diesem Bereich kaum ein Spielraum, um Personal anzuwerben. Außerdem sind im Berufsfeld der Frühen Bildung rd. 90% weibliche Beschäftigte vertreten, was nicht nur zu einem Mangel an männlichen Vorbildern, die fürs Rollenverständnis und zur Identifikation hochgradig wichtig sind, führt, sondern auch zu einer hohen Teilzeitquote mit rd. 60% in Westdeutschland und rd. 70% in Ostdeutschland. Aufgrund der Teilzeittätigkeit, die vorwiegend in den Vormittagsstunden erfolgt, und den personellen Ausfällen der wenigen Vollzeitkräfte können Betreuungszeiten nach 15:00 Uhr künftig kaum noch gewährleistet werden.

Das Finanzierungssystem von Kindertageseinrichtungen in Bayern sieht vor, dass ca. 80% der Bruttopersonalkosten durch die so genannte kindbezogene Förderung von Kommune und Land Bayern gedeckt werden, die restlichen 20% müssen durch Elternbeiträge und sonstige Einnahmen erwirtschaftet werden. Die kindbezogene Förderung wiederum ist abhängig von den gebuchten Nutzungszeiten der Eltern in der KiTa und diese zieht die ständige Anpassung der Arbeitszeiten des pädagogischen Personals nach sich. In der Folge muss sich das pädagogische Personal immer wieder auf veränderte Einkommen einstellen. „Das führt zu den ohnehin großen alltäglichen Belastungen zusätzlich zu Unmut“, so die Trägervertretungen. Außerdem ist die kindbezogene Förderung eng bemessen, sodass es immer schwieriger wird, die Qualität in den Kitas zu halten und zu verbessern. Hierfür sind langjährige und erfahrene Mitarbeitende, kostenintensive Fortbildungen, Supervisionen und zusätzliche Fachkräfte in den Bereichen Sprache, Inklusion, kulturelle Vielfalt und Medienpädagogik nötig, die im aktuellen Finanzierungssystem nicht hinreichend berücksichtigt werden. Dies führt zu einer Mehrbelastung der vorhandenen Mitarbeiter*innen, die sich zunehmend in einem Spannungsverhältnis zwischen ihren Professionalitätsansprüchen und den vorhandenen zeitlichen und personellen Ressourcen befinden. Neben der grundsätzlich angespannten Personalsituation sind auch kurzfristige krankheitsbedingte Ausfälle vor allem von Oktober bis März zu verzeichnen, die zu Überbelastung des restlichen Personals, Reduktion pädagogischer Angebote und kürzeren Öffnungszeiten führen.

Auch die umständliche Anerkennung ausländischer pädagogischer Berufsabschlüsse und die Abwanderung von pädagogischem Personal in andere Berufssparten stellen die Träger vor große Herausforderungen. „Hier muss sich einiges ändern, die Träger müssen gerade bei der Anerkennung von ausländischen Abschlüssen mehr Mitsprache erhalten. Nicht rein die formale Prüfung darf entscheidend sein, sondern auch die persönliche Eignung der Bewerber muss Berücksichtigung finden – und diese könne nur vor Ort beurteilt werden.“, so Gaby Klaus. Eine unbürokratische und schnelle Anerkennung ausländischer Abschlüsse sowie die tarifliche Berücksichtigung der im Ausland erworbenen Berufsjahre ist entscheidend für die Steigerung des Anteils der Erwerbstätigen mit Migrationshintergrund, der nicht nur die Personalsituation in den Kitas verbessert, sondern auch zu mehr Diversität und interkulturellem Kompetenzerwerb beiträgt

An dieser Stelle ein herzliches Vergelt’s Gott an die Stadt Herzogenaurach, die den KiTas stets mit Rat und Tat als kompetenter Partner zur Seite steht

Die katholischen Kirchenstiftungen sind Arbeitgeber für zehn Einrichtungen mit  rd. 180 Mitarbeitenden in den KiTas, die evangelische Kirche betreibt fünf KiTas mit 120 Mitarbeitenden.

„Wir freuen uns über jede Bewerbung, ob in Teilzeit oder Vollzeit“, so Dr. Mützlitz. „Die konkreten Stellenangebote finden Sie auf unseren Internetseiten www.herzogenauarch-evangelisch.de und www.kitas-asg.de. Aber auch Initiativbewerbungen sind herzlich willkommen!“

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